Sonntag, 20. Januar 2019

Das weinende Kind

13. Rondra 1021 BF

Gegen Mittag hören wir westlich von uns das Schluchzen eines Kindes. Kaldrim gemahnt uns, dass der Weg geradeaus weiterführt, doch das Kind jammert und weint herzerweichend. Wir gehen einige Schritt auf das Kind zu, halten aber weiter Abstand. Wenn es nach mir ginge, würden wir weitergehen. Nichts in diesem Wald entspricht der Wahrheit.

Saari wirft dem Kind ein Messer vor die Füße und verlangt von ihm, es solle sich schneiden, damit wir sehen, dass es tatsächlich menschlich ist. Doch das Kind weint nur umso lauter. Es berichtet uns, dass es mit seinem Bruder hier ist, der aber nirgends zu sehen ist. Sie stamme aus einem Dorf, nicht weit von hier. Sie weint weiter und meine Gefährten sind sich unsicher ob man Hilfe leisten sollte oder nicht. Ich halte mich im Hintergrund und glaube ihr kein Wort.
Saari geht auf das Kind zu, hebt das Messer auf und will es selbst stechen, doch das Mädchen weicht zurück. Sie geben ihr zu trinken und zu essen und kurzerhand reißt Saari ihr blitzschnell ein Haar raus und betrachtet es, ob es eine Haarwurzel hat.

Plötzlich treibt uns Ragnar zur Eile an weiterzugehen und wir lassen das Mädchen noch immer weinend zurück. Er hat in ihr puren Hass erkannt. Woher dieser stammt und auf was er sich bezieht kann er nicht deuten, jedoch ist dieses Kind so voller Hass erfüllt, dass es auch für uns gefährlich werden könnte und wir haben eh keine Zeit zu verlieren und eilen weiter. Irgendwann lässt das Weinen auch nach und es wird wieder still im Wald.