Samstag, 9. März 2019

Die Wiedergeburt von Siebenstreich

4. Efferd 1021 BF

Auch am nächsten Tag halte ich mich meist bei den Kelchen auf und schaue sie mir ab und an genauer an. Jeder Kelch ist ein Teil des mächtigsten Schwerts Deres. Ein Kelch der Luft, des Wassers, des Humus, des Erzes, des Eises, des Feuers ... und der Magie... in alle Elemente zerlegt und die Magie hat sie alle geschaffen. Hoffentlich kommt dieser sicher hier an.

Gedanklich tauche ich in die alten Legenden ein und erinnere mich an die großen Taten der alten Träger des Schwerts...
Geron, der Einhändige... er war der erste Träger des Schwertes und vollbrachte Großes mit Hilfe der Götter. Ich schaue auf meinen Echsenarm, beuge die Krallenfinger und öffne sie wieder. Auch mich haben die Götter reich beschenkt.
Leomar von Baburin, auch er war ein Träger Siebenstreichs und auch sein Name wird ewig fortbestehen. Ich wüsste zu gerne, ob man in Jahrhunderten noch von uns sprechen wird. Denn auch wir haben Heldentaten vollbracht, wenn auch der Ausgang nicht immer für uns sprach.
Hlûthar von den Nordmarken war ebenfalls ein Träger, sogar der letzte... er stand uns zur Seite in der Brache und dank ihm sind wir vermutlich so weit, wie wir bisher sind. Die Götter meinen es gut mit uns, vor allem Rondra scheint mit uns zu streiten und ich schicke ein Stoßgebet an die Leuin, dass sie uns weiterhin schützend zur Seite steht. Ich bin gespannt, wer der neue Träger sein wird, sollte uns das Neuschmieden gelingen. Schmerzlich erinnere ich mich an Ardo und seiner Göttingefälligkeit...

Gegen Abend höre ich plötzlich die Wachen rufen, dass jemand den Schlund hinaufkommt. Während alle anderen nach draußen eilen, will ich die Kelche nicht alleine lassen und warte noch ab. Es ist wohl Ayla, mitsamt ihrem Troß und plötzlich kommen meine Gefährten zurück. Die Kelche sollen nach draußen gebracht werden, was ich nicht wirklich gut heißen kann, aber ich füge mich.

Als ich nach draußen komme, kann ich meinen Augen kaum trauen. Gut 1000 Mann stehen hier oben am Schlund. Ayla in edlem Rondraornat in weißrot, die den alten Boten des Lichts stützt in seiner weißgoldenen Robe. Die Leibwache Aylas umringt sie und es sind weitere wichtige Personen anwesend. Zwei Boroni, in schwarze Roben gehüllt; der Hüter der Flamme, mit der strahlend leuchtenden Laterne, erdverbunden, als Schmied in Schurz und goldener Schnalle, daneben ein älterer Hesindegeweihter, in feinstem gelbgrünen Stoff gehüllt mit weißgoldenem Schlangenhalsband. Viele Rondrageweihte und andere Bewaffnete sichern alles und der restliche Troß bildet einen Außenring.

Als wir mit den Kelchen vor ihnen stehen, gebietet Ayla ein jedem von uns Gezeichneten einen Kelch und ruft danach "Folgt mir und betet, dass wir uns das zu tun anschicken, was der Wille der Götter ist" und schreitet voran, während der Bote des Lichts Worte spricht, die alle Zwölfe preisen. Seine Worte haben Macht und scheinen stärker und schützender zu sein, als jedes Schwert, das hier gezogen werden könnte. Wir schreiten allesamt einen zerklüfteten Abhang hinunter zu einen tiefer liegenden Becken. An dessen Saum ist kaum Raum für einen Halt suchenden Fuß und dennoch muss ein jeder Kelchträger hier Platz finden.

Als der Bote des Lichts mit seinen Lobpreisungen endet, erhebt wieder das Schwert der Schwerter die Stimme zum Gebet: "Leuin, Dein Wille ist es, dass wir hier am Heiligtum deines Bruders stehen. So trage dem Herrn der Gefilde Alverans unsere Bitte vor, ein weiteres Mal durch Seinen Willen die Heilige Waffe schmieden zu lassen. Trete zu der Allwissenden mit unserem Flehen, dass die Worte, die Sie uns einst lehrte, nicht verloren seien, und lass deine Fürsprache den Schweigsamen hören, dass die Worte aus dem Munde Seiner Dienerin fließen mögen. Bitte für uns den Schmied Alverans, Ingerimm, auf dass seine Kunst zusammenfügt, was er einst geschaffen!"

"Praios, Deinen Richterspruch erbitten wir und ihm beugen wir uns!" fügt der Bote des Lichts hinzu.

"Mutter der Weisheit, lass das Licht Deines unendlichen Wissens leuchten" erbittet der Erzwissensbewahrer
"Ingerimm, gib den Helden des anbrechenden Zeitalters dein Werk oder nimm uns ob unseren Hochmuts, einen Würdigen des Schwertes unter uns zu glauben und verbrenne uns in den Feuern dieses Heiligen Ortes" donnert die Stimme des Hüters der Flamme durch den Schlund.

Der Fels unter uns erbebt und in die Lava vor uns scheint Leben zu kommen. Da erhallt plötzlich die mächtige Stimme des Angroschgeweihten des Schlunds:

"Ihr Götter, wir beten zu euch, den Bann von den Kelchen zu nehmen, auf dass Siebenstreich, die heilige Klinge der Helden, zurück in die Hände der Sterblichen gelange!

Glacerion, gebunden in dir, dem Kelche des Eises, ist Praios' Gerechtigkeit, der Siebenstreich den Menschen befahl.

Aeserion, gebunden in dir, dem Kelch des Erzes, ist die schaffende Kraft Ingerimms, der Siebenstreich auf sein Geheiß schmiedete.

Ignerion, gebunden in dir, dem Kelch des Feuers, ist der göttliche Zorn Rondras, die Siebenstreich zur rechten Zeit den Sterblichen gab.

Umerion, gebunden in die, dem Kelch des Wassers, ist der ewige Wandel, der Siebenstreich in den Zeiten widerfährt.

Aitherion, gebunden in dir, dem Kelch der Luft, ist der Klinge Fügsamkeit, die Siebenstreich seinem Träger gewährt.

Telerion, gebunden in dir, dem Kelch des Humus, ist die todbringende Macht, die Siebenstreich zum Siege verhilft.

Asterion, gebunden in dir, dem Kelch der Magie, ist das Wissen Hesindes, die die Heilige Klinge in sieben Kelchen verbirgt.

Praios, Herr der die Heilige Klinge befahl,
Ingerimm, Herr der Siebenstreich schuf,
Rondra, Herrin, die den Träger des Schwertes wählte,
Hesinde, Herrin, die die Waffe zum Kelch werden ließ,
Boron, Herr, der das Gebet über den Tod hinaus bewahrte,
fügt zusammen, was einst ein Ganzes war!"

Bei jeder Strophe des Gebets werden die Träger des jeweiligen Kelches dazu aufgefordert ihren Kelch der heißen Magma zu übergeben. Der Schlund bebt und brüllt, die Elemente Erz und Feuer sind aufs innigste vermischt, ein plötzlicher Regenschauer ergießt sich und Dampf nimmt uns fast den Atem und die Sicht. Dann teilt sich plötzlich das kochende, glühende Gestein vor uns und eine erzene Hand hebt eine Klinge empor, die im roten Schein erglüht.
Ayla ergreift den Schwertknauf und hebt es in die Höhe und ein erleichternder Jubel durchdringt die bis dahin angespannte Stille - Siebenstreich ist zurückgekehrt!