Montag, 20. Juli 2015

Zurück in Punin

15. Travia 1019 BF

Am nächsten Morgen genehmigen wir uns noch ein gutes Frühstück und da dieses Gasthaus Speisen und Getränke aus aller Welt hat, frage ich nach Tee und tatsächlich kommt der Wirt kurz darauf hoch erfreut mit einem Samowar und kocht einen köstlichen Rosentee, den er mit mir gemeinsam genießt. Da ich ihm damit eine Freunde machen konnte, geht das Frühstück aufs Haus und dankbar verlassen wir die Herberge und reiten weiter nach Punin.

Schon als wir die Stadt betreten, schlägt uns der Lärm und Trubel entgegen. Schon auf der Brücke vor den Toren, stehen allerlei Wagen und Stände, deren Besitzer ihre Waren an den Mann bringen wollen. Die Strasse führt uns direkt ins Eisenviertel der Stadt und als wir auf den Eisenplatz gelangen, steigen wir ab und sehen uns um. Ragnar geht auf die Suche nach einer neuen Bartschere oder einem Scherenschleifer und wir treffen auf einen recht grobschlächtigen Kerl, der jedoch feinste filigrane Arbeiten vor sich ausgebreitet hat. Nach einem kurzen Test an seinen Haaren, kauft Ragnar das gute Stück und als ich mich umschaue nach einem neuen Rasiermesser, verkauft mir der gute Mann ein seltsames Kunstwerk, was zwei kleine Mammutonknöchelchen mit einer sehr feinen, scharfen Klinge verbindet. Isonzo benötigt noch einen Degen und er bekommt einen guten Waffenschmied vorgeschlagen. Der Weg führt uns zu einem Schmied, wie man ihn sich vorstellt. Ein kurzer, stämmiger Zwerg, dessen Arme vor Muskeln schier zu platzen scheinen, hämmert gerade gezielt auf einem Stück Stahl herum. Doch um ihn herum stehen nicht, wie man vermuten würde, Äxte und breite Schwerter, sondern feinste filigrane Degen und sonstige Stichwaffen. Als er hört von wem wir geschickt wurden, erhellt sich seine Miene und er bedient Isonzo freundlich. Er darf an einer Strohpuppe üben, doch Isonzo stellt sich wirklich ein wenig ungeschickt an. Als er die zweite Waffe testet, stürzt er sogar und der Schmied bittet uns freundlich, aber mit einem gewissen Unterton, doch besser zu gehen. Wenigstens ging der Degen nicht zu Bruch.

Als wir weitergehen, fällt mir ein gut betuchtes Pärchen auf, dass, wie manche Menschen in Khunchom, uns irgendwie zu erkennen scheint und versucht unauffällig ihre Richtung zu ändern. Ich erzähle es den anderen und Ragnar empfindet dabei sogar Stolz, im Gegensatz zu mir. Alleine dass man uns aus dem Weg geht, finde ich äußerst unangenehm.

Ich erinnere mich, dass der Boron-Tempel nicht weit weg ist und schlage vor, erst unserer Auftrag abzuschließen, ehe wir uns ein Nachtlager suchen. Die ganze Stadt ist am Feiern und überall geht es laut und lustig zu. Der Wein fließt überall in Strömen und die Stimmung der Stadt ist ausgelassen.
Als wir an den Platz des Schweigens kommen, scheint dieser Ort jegliche Laute zu verschlucken. Es herrscht Totenstille und als wir dem Tempel näher kommen verbeugen sich die wenigen Anwesenden respektvoll vor uns und die Tür öffnet sich uns wie von selbst. Erstaunt betrete ich die Halle vorsichtig, während die anderen beiden mir folgen. Der Sekretär Corvinius empfängt uns kühl und bittet uns ihm zu folgen. Er führt uns in eine Schreibstube und erklärt uns, dass der Rabe selbst nicht zugegen ist. Er öffnet ein Buch und zitiert daraus, dass er vom Raben bevollmächtigt ist, unseren Erfolg der Mission einzuschätzen und zu entlohnen. Er zitiert desweiteren eine Liste unseres Auftrags. Wir antworten auf die einzelnen Punkte, und er scheint sie schlichtweg abzuhaken, was wir erreicht haben und was nicht. Dass das Endurium fort ist, scheint ihn am meisten zu stören, warum und was daraus wurde, interessiert ihn nicht im Geringsten. Als er hört, dass Kaldrim evtl. noch ein wenig davon hätte, wir ihm aber nicht sagen können, wann er hierher kommt, klingelt er leise nach zwei Gardisten, die in Erfahrung bringen sollen, wann der Baron von Menzheim hier eintreffen wird. Wir bekommen eine sehr hohe Belohnung für unsere Dienste und sind entlassen. Mein Plättchen des Rabens händige ich ihm auch wieder aus. Ich möchte mit der Boron-Kirche nicht mehr allzuviel zu tun haben.

Wir verlassen den Platz des Schweigens Richtung Süden um direkt die Nordlandbank aufzusuchen. Auf dem Weg dorthin rege ich mich fürchterlich über diesen Corvinius auf und auch Ragnar ist verärgert. Der Kirche geht es nur um ihr verdammtes Erz, was wirklich passiert ist, interessiert sie nicht. Während wir durch die vollen Gassen gehen, erzähle ich leise, was Khadil mir zu den Schwertern erzählt hat. Dass wir dafür nebeneinander mit unseren Pferden viel Platz brauchen interessiert uns gerade weniger und die Leute gehen uns murrend aus dem Weg.

Auf der Nordlandbank eröffnet Ragnar ein Konto, da nur er sich wirklich ausweisen kann und gibt mir nach kurzer Diskussion eine Vollmacht für meinen Anteil. Für den restlichen Betrag lässt er Ardo bevollmächtigen. Er zahlt die gesamte Belohnung von uns dort ein und schon sind wir erleichtert, nicht mehr mit soviel Gold durch die Gassen laufen zu müssen.

So langsam verfliegt der Ärger, denn unser Auftrag ist erledigt, unsere Belohnung sicher verwahrt und Punin ist am Feiern. Also sollten wir es uns ebenso gut gehen lassen und wir überlegen kurz wo wir nächtigen wollen. Ragnar sucht eine Herberge, aus der man nicht sofort raus geworfen wird, wenn man zuviel trinkt und mir fällt die Thorwalerschänke im Hafenviertel ein. Wir machen uns auf den Weg zu Hafen und tatsächlich sind hier wirklich alle in Feierlaune. Es wird gegröhlt, es wird getrunken, es wird gespielt, musiziert und ausgelassen gefeiert. Der Wein fließt oft direkt vom Fass in die Kehlen. Die Schänke wird von einer drallen Thorwalerin geführt, die direkt mit Ragnar anbandelt. Sie hat alle Betten frei im Schlafraum und wir machen es uns erstmal gemütlich und verbringen den Rest des Tages mit Trinken und gepflegtem Nichtstun. Irgendwann zu nicht mal all zu später Stunde, schließt die Wirtin einfach ihr Lokal und gesellt sich mit einer Flasche Schnaps zu uns. Ihre schlaue Erfindung, die Krüge in einer Einkerbung in den Tischen zu sichern, ist wirklich Gold wert. Irgendwann verschwinden die beiden und Isonzo und ich wanken ebenfalls irgendwann in unsere Betten.