Freitag, 17. Juli 2015

Der Unschuldige

25. Ingerimm 1015 BF

Wir kommen durch Braunsfurt, halten uns weiter nach Osten und Südosten als wir gegen Nachmittag das kleine Dorf Dreibirken erreichen. Wir kehren in das einzige Gasthaus mit dem vertrauenserweckenden Namen „Zum baumelnden Gehangten“ ein und uns empfängt ein schmieriger, fetter Wirt, der selbst sein bester Kunde zu sein scheint. Die anwesenden Bauern beäugen uns missmutig, doch bekommen wir ein deftiges Rindergulasch und ordentliches Bier hingestellt. Als sich Ardo beim Wirt nach dem schwarzen Schrecken erkundigt, lacht dieser nur und behauptet, dass das Dorf ihn bereits gehängt hat. Uns bleibt fast das Essen im Hals stecken und wir begeben und sofort zum hiesigen Galgenbaum. Was wir sehen verschlägt mir die Sprache. Inmitten dreier baumelnden Opfer hängt ein schwarzer Südländer. Drei Fingerkuppen wurden ihm abgetrennt und er wurde offensichtlich nur seiner Hautfarbe wegen erhängt. Einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort, denke ich mir und spreche in Gedanken ein kurzes Gebet für den Unschuldigen. Mögen die Götter seiner Seele gnädig sein. Ich sehe aus den Augenwinkeln wie Ardo seine Wut kaum zügeln kann und er stürmt eiligen Schrittes zurück. Er reißt die Tür des Gastraums auf und donnert in die Schänke seinen göttlichen Missmut. Ehe einer auf den Gedanken der Flucht kommt, stellen Ragnar und ich uns demonstrativ an die Tür. Drei der Bauern geben angstvoll die abgeschnittenen Körperteile zurück und Ardo schickt sie los um vor unseren Augen den Unschuldigen vom Galgen zu holen und angemessen zu begraben. Nach dem Grabsegen begeben wir uns zurück zum Gasthaus, das inzwischen wie leer gefegt ist und verbringen eine ruhige Nacht im Schlafsaal.