Montag, 20. Juli 2015

Das Orakel von Altaïa

23. Hesinde 1019 BF

Ich erwache. Ein grelles grünes Leuchten dringt durch ein Fenster . Als ich raus schaue, erkenne ich das Leuchten von der Insel im See. Ich wecke die anderen, doch Isonzo ist nicht auffindbar. Wir eilen zur Insel und finden Isonzo inmitten dreier gesichtsloser Jadestatuen leblos auf dem Boden liegend. Er lebt, doch hat er Blutrinnsale aus Nase und Ohren. Mir gelingt es ihn zu wecken und mir fällt ein schimmernder Glanz an seiner linken Hand auf. Die rechte ist blutig, doch der linke Unterarm wie auch seine linke Hand überzieht ein glänzender Handschuh, der wie mit ihm verwachsen scheint. Er berichtet uns, wie es ihn mitten in der Nacht hierher getrieben hat und er plötzlich anfing die Statuen wie von selbst zusammenzubauen.

Plötzlich bemerken wir ein Surren und in die Statuen kommt Leben. Münder bilden sich und beginnen zu sprechen. Wir stehen vor dem Orakel von Phex, Efferd und Hesinde… eine sagt die Wahrheit, eine lügt und eine ist wankelmütig. Wir werden aufgefordert unsere Fragen zu stellen, doch was sollen wir fragen? Wie erkennen wir wer was spricht? Wieviele Fragen dürfen wir stellen?

Nach einiger Zeit der Beratung entscheiden wir uns für die erste Frage und Isonzo spricht laut:
"Wie ist Borbarad aufzuhalten?" Daraufhin erzittert der Erdboden der Insel und erste Bröckchen bröseln von den Statuen.
Die rechte spricht: "Nur in der Gemeinschaft, nur durch die Summe aller Siege, ist das was ihr Sieg nennt zu erreichen"
Die mittlere sagt: "Mit großen Opfern ist er zu besiegen, aber ein Sieg ist ein Sieg"
Die linke antwortet: "Er ist nicht zu besiegen"


Isonzo stellt die zweite Frage "Was für ein Wesen ist Borbarad?" Dunkle Wolken türmen sich über uns auf und ein starker Wind weht über die Insel.
Die rechte anwortet: "Er ist mehr als ihr fassen könnt und weniger als er sein sollte!"
Die linke antwortet: "Er steht für sich und ist vollständig"
Die mittlere antwortet: "Er erweist der dritten Sphäre einen Gefallen, zumindest glaubt er das"
Daraufhin fällt der Statue der linke Arm ab

Dschafar murmelt vor sich hin:
"Was sein Ziel ist?" und der starke Wind verwandelt sich in einen Sturm, Risse tun sich im Boden auf und die Statuen beben, ehe sie sprechen
Die rechte sagt:"Uneingeschränkte Freiheit"
Die linke antwortet:"Absolute Macht"
Die mittlere spricht:"Die Herrschaft über Dere"


Die nächste wichtige Frage lautet:
"Was ist Borbrarads Schwachstelle?" Der Sturm tost uns um die Ohren, die Insel glimmt förmlich in unheilvollem grün.
Die rechte spricht:"Er ist allein"
Die mittlere sagt:"Seine Selbstüberschätzung"
Die linke antwortet:"Seine Menschlichkeit"

Daraufhin bricht diese entzwei, lange werden wir nicht weiter fragen können

Unsere Gedanken schweifen zur Vergangenheit. ER ist schon einmal aufgehalten worden. ER wurde zurückgeholt. Kann man seinen Widersacher ebenfalls zu Hilfe holen? Und wir stellen erneut eine Frage:
"Wird Rohal der Weise wiederkehren?"
Die rechte spricht:"Er wird wiederkehren und das größte Opfer bringen"
Die mittlere antwortet: "Die Gezeichneten werden ihn rufen"
Die linke sagt:"Er wird Aventurien einen und das Heer führen"

Die Statuen verlieren ihre Form, ihre Lippen verblassen und ihre Gesichter fallen zusammen innerhalb des Gesteins, doch sind sie noch immer da

"Wo befindet sich seine schwarze Feste?" Ein heftiger Ruck geht durch die Insel und die Statuen beginnen zu sprechen:

Die linke Statue spricht:
Wo der Flusskönig das Land mit Wasser beschenkt, werden die Efferdkinder die siebenstrahlige Krone aufpflanzen. Wenn sich der Herr des Wolfenhauses in die Schlacht wirft, wird seine Familie zu Kaisern werden. Wer sich anmaßt, aus sieben Kelchen Schärfe schäumen zu lassen, wird in der Nacht untergehen. Was sich an der Mündung des Gräberflusses steinern erhebt, wird in Sphärenfeuer aufgehen. Wohin die Pilger des Alten vom Berge ziehen, wird der Winter auf immer weichen. Wen sich die sieben Zeichen als Träger erkoren haben, wird ein grausames Ende erleiden.

Die mittlere Statue spricht:
Wo die zwölf Menschenwunder in den Himmel ragen, wird ein Inferno herabregnen. Wenn die Gefangenen der Kerkerinsel ihre Ketten sprengen, werden sie über eine Küste und drei Städte und Flüsse herfallen. Wer den sieben Gezeichneten vertraut, wird erfahren müssen, dass einer von ihnen ein Verräter ist. Was tot ist und doch nicht tot, geflügelt und zaubermächtig ist, wird die Letzte Kreatur gebären. Wohin die Vögel im Herbst ziehen, wird der Kaiser fliehen und sein Land im Stich lassen. Wen sich die sieben Zeichen als Träger erkoren haben, wird ein grausames Ende erleiden.

Die rechte Statue spricht:
Wo die Maraskaner das Eiland Andalkan nennen, errichten die Jünger des Dämonenmeisters den Grundstein ihrer Herrschaft über das Meer der Perlen und die angrenzenden Gestade. Wenn der Namenlose zweimal geherrscht haben wird, wird der Zurückgekehrte Triumphator sein oder nicht mehr sein. Wer nach dem Weisen sucht, wird das weiße Einhorn finden und das schwarze Einhorn antreffen. Was den Namen des Tempels sein Eigen nennt, wird des Feindes Reihen stärken. Wohin sich die Bäume auf dem Wasser wenden, werden aus ihnen hervorquellen Tintlinge, Scherenträger und schwarzbrodelnde Klingenschwinger. Wen sich die sieben Zeichen als Träger erkoren haben, wird ein grausames Ende erleiden.


Nachdem ihre letzten Worte gesprochen sind, fallen die letzten Reste des Orakels in sich zusammen. Der Sturm wütet so stark, dass wir fast von den Füßen gerissen werden und wir eilen zurück an Land. Felsspalten öffnen sich und verschlingen Teile des Gerölls. Grün schimmernde Leuchtgestalten erheben sich aus den Statuen und einen Moment lang, glaubt man die Götter selbst darin zu erkennen, ehe sie sich in drei hell erleuchtete Steine verwandeln, die sich langsam immer höher in den Himmel schrauben. Der Rest der Insel wird tosend verschlungen. Es ist ein gespenstiges Farbenspiel, der See scheint zu kochen und gluckernd und brodelnd verschwindet die gesamte Insel im Strudel des Sees. Die jadefarbenen Steine, die sich erhoben haben, sind nur noch blitzende Funken am Firmament und Dschafar sagt uns, dass einer sich im Sternenbild der Hesinde verankert hat, einer sich geteilt und um das Auge des Phexsternbildes gelegt hat und der andere am westlichen Horizont verschwand. Der Sturm verschwindet so schnell wie er kam und es herrscht Stille.

Andalkan also! Dort errichtet er seine Schwarze Feste. Wir sollten langsam handeln. Auf ganz Dere. Sadragon sagte es wird in Tobrien beginnen, doch sagte er die Wahrheit? Nun es gibt keinen Grund daran zu zweifeln, aber stimmt die Zeit? Wer wird uns Gehör schenken? Wir werden ihn nur aufhalten können, wenn die Völker sich vereinen.
Wir unterhalten uns mit Adaque und sie sagt deutlich, dass wir zuerst nach Mirham zurück müssen und so sei es. So begeben wir uns noch einige Stunden zur Ruhe auch wenn es schwer fällt trotz all der vielen Gedanken Ruhe zu finden. Doch bin ich persönlich mir sicher, dass die rechte Statue die Wahrheit sprach und Hesinde war, die mittlere der wankelmütige Efferd und die linke der lügende Phex.